Wintersemester 2021/2022
FORMATIVES PRÜFEN ALS LERNUNTERSTÜTZUNG FÜR THEORETISCHE VORLESUNGSINHALTE
Autor: Leif Bonorden
In MINT-Studienfächern bestehen Grundlagenmodule häufig aus einer Vorlesung sowie einer Übung, in der ausgewählte Vorlesungsinhalte angewandt oder vertieft werden. Die Themen der zugehörigen Modulprüfung umfassen jedoch grundsätzlich den gesamten Inhalt der Vorlesung, gehen also über die vertieften und eingeübten Inhalte hinaus.
Für ein Bachelormodul „Softwaretechnik“ mit ca. 160 Studierenden habe ich ein Konzept mit freiwilligen formativen Prüfungselementen entwickelt, das insbesondere die Vorlesungsthemen aufgreift, die nicht in der Übung vorkommen: Jeder Vorlesungstermin wird durch einen kurzen, automatisch ausgewerteten Online-Selbsttest ergänzt, der Wissen und Verständnis abfragt (Lernzielstufen 1 und 2). Nach Abschluss eines Themengebiets über 3–4 Wochen können die Studierenden zudem eine Zusatzaufgabe bearbeiten, die mehrere Vorlesungstermine verknüpft und Aufgaben der Modulprüfungen ähnelt (Lernzielstufen 3und 4). Zu ihrer Bearbeitung dieser Zusatzaufgabe erhalten sie von Lehrenden individuelles Feedback.
Ein Gesamtzyklus des DBR-Projektes umfasst die Durchführung des Moduls in einem Semester. Subzyklen sind die Themengebiete über je 3–4 Wochen. Erkenntnisse aus einem Subzyklus wurden in der Gestaltung der weiteren Zyklen berücksichtigt. Für den Makro-Zyklus erfolgte eine quantitative Evaluation auf Grundlage von Nutzungsstatistiken und Prüfungsergebnissen, die durch qualitative Interviews mit Studierenden ergänzt wurde.
Die automatisch ausgewerteten Selbsttests wurden sowohl semesterbegleitend als auch in der direkten Prüfungsvorbereitung viel und gerne genutzt. Die Zusatzaufgaben wurden von deutlich weniger Studierenden bearbeitet – diese bewerteten die Zusatzaufgaben sowie das individuelle Feedback dazu aber sehr positiv.
BRAIN BASICS & TRAINING: GROSSGRUPPEN-ONLINE-WEITERBILDUNGEN FÜR ÄLTERE
Autorinnen: Birgitta Burger / Alexandra Skubacz-Feucht
Das Gasthörenden- und Seniorenstudium (GHS) der Leibniz Universität Hannover ermöglicht die Teilhabe an universitärer Weiterbildung, wobei Gasthörende ausgewählte Fakultätsveranstaltungen aus dem regulären Studienbetrieb sowie speziell für Ältere konzipierte Weiterbildungen belegen können. Im Zuge der Corona-Bedingungen stellte sich dementsprechend für das GHS die Herausforderung, für Ältere anstatt erprobter Präsenzformat alternative Online-Weiterbildungsangebote bereitstellen und etablieren zu müssen.
Wir haben dies als Ausgangspunkt genommen, um als Tandem sowohl in der Rolle der Lehrenden als auch Forschenden ein Online-Weiterbildungskonzept für Ältere bestehend aus synchronen und asynchronen Elementen zu entwerfen. Die GHS-Veranstaltung startete im Sommersemester 2020 mit einem „Adhoc“-Design (~100 Teilnehmende) und wurde bis zum Sommersemester 2021 insgesamt vier Mal durchgeführt und entsprechend dem DBR-Verständnis iterativ weiterentwickelt. Unser Projekt ist somit auf der Mikroebene anzusiedeln. Zur Ausdifferenzierung des komplexen Design-Gegenstandes „Weiterbildungskonzept“ haben wir eine zweigeteilte Fragestellung gewählt:
Die Frage „Wie können wir Online-Weiterbildungen für Großgruppen interaktiver und kommunikativer gestalten“ bezieht sich v.a. auf die Gestaltung der synchronen Phasen mit dem Ziel, durch geeignete Intervention rein-passives Rezipieren der Teilnehmenden zu reduzieren. Als Interventionsmix zur Aktivierung wurden insbesondere die Elemente Chat, Umfragen, Fragen und Mitmach-Aufgaben genutzt.
Die zweite Frage „Wie können wir den sozialen und intellektuellen Austausch fördern“ zielt auf die asynchronen Phasen ab und soll klären, welche Interventionen dazu beitragen, die Teilnehmenden außerhalb der synchronen Termine einzubinden. Zentrale Design-Elemente waren Begrüßungsnachricht, technische Hilfestellungen, Vorstellungsrunde, Forum, Aufgaben und Fragebögen.
In die Gesamtgestaltung sind als theoretische Grundlagen das 5-Stufen-Modell von Salmon und das ICAP-Modell von Chi & Wylie ebenso wie praktische Erfahrungen, Ergebnisse aus Fragebögen und Artefaktanalysen eingeflossen.
SITUATIONAL INTEREST IM INVERTED CLASSROOM – ENTSTEHUNG VON INTERESSE FÜR LEHR- UND LERNFORSCHUNG IN DER HOCHSCHULDIDAKTISCHEN WEITERBILDUNG
Autorin: Christiane Katz
Lehr- und Lernforschung beantwortet Fragen mit unmittelbarer Relevanz für die (Hochschul-)Lehre. Hochschullehrende kommen jedoch nicht zwingend mit der Disziplin oder ihren Erkenntnissen in Berührung. Didaktische Weiterbildungen greifen zwar auf die Erkenntnisse von Lehr- und Lernforschung zurück. Dennoch behandeln die Teilnehmenden diese in der Regel nicht eigenständig und sehen eventuell auch keinen Anlass, dies außerhalb von angebotenen Weiterbildungen zu tun. Insofern erscheint es sinnvoll, zum einen die aktive Arbeit mit Lehr- und Lernforschung in hochschuldidaktische Kurse zu integrieren und zum anderen Interesse für die Disziplin zu generieren, damit Lehrende sichauch außerhalb von Weiterbildungen damit auseinandersetzen.
Das Design-Based Research Projekt behandelt entsprechend die Frage, wie Interesse für Lehr- und Lernforschung im Rahmen einer hochschuldidaktischen Weiterbildung entstehen kann. Das Konzept der Interessensentwicklung (Hidi & Renninger, 2006) wurde dafür auf einen hochschuldidaktischen Basiskurs für neuberufene Professor:innen an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften übertragen. Ziel war es, in diesem Rahmen ein Flipped Classroom-Konzept einzuführen, das „situational interest“ (Hidi & Renninger, 2006) für Lehr-und Lernforschung zu aktivierenden Methoden fördert.
Mit Hilfe einer Conjecture Map (Sandoval, 2014) wurde das Design des Flipped Classroom-Konzepts weiterentwickelt. Das Projekt durchlief zwei Mesozyklen nach McKenney & Reeves (2019). Die Evaluation erfolgte durch eine Befragung der Teilnehmenden. Der Vortrag stellt – nach einer Einführung in die Problemstellung und die theoretische Grundlage – die Conjecture Map und die gewonnenen Erkenntnisse vor.
DBR-PROJEKT: DER „FALL“ IM WAHLPFLICHTMODUL KLINISCHES RISIKOMANAGEMENT
Autorin: Sünje Prühlen
Die Studierenden erproben im Wahlpflichtmodul Klinisches Risikomanagement des Hamburger Dualen Studiengangs Pflege im 7. Semester die für sie neue klinische Risikoanalyse anhand eines realen Patientenfalls auf Station. Die Lehrenden haben diesen praktischen Anteil nie didaktisch durchdacht; der Durchführungserfolg sprach bis lang für sich. Pflegestudierende brachten ein pflegerisches (ganzheitliches) Fallverständnis mit und waren in medizindidaktischen (diagnose- und therapiefokussierten) Fällen geübt. Die Risikoanalyse führten sie auf dieser Grundlage auf Station durch. Das interdisziplinäre Team forderte das studentische Feedback ein. Dies fiel den Pflegestudierenden den Medizinern gegenüber ungeahnt schwer. Daher entstand die Idee, den interdisziplinären Austausch frühzeitig zu üben: Pflege- und Medizinstudierende sollen im Modul zusammen den Praxisfall analysieren.
Aus dieser interdisziplinären Neuausrichtung wurde ein DBR-Projekt, in dem die Fallanalyse des realen Patientenfalls den Identitätskern bildet. Als theoretisches Erkenntnisinteresse kristallisierte sich das Fallverständnis heraus. Die Pflegedozierenden müssen sich zunächst des pflegerischen Fallverständnisses bewusst werden. Das neue interdisziplinäre Dozententeam (Pflege- und Medizindozierende) muss das reduzierte, medizindidaktische Fallverständnis mit Blick auf die Risikoanalyse überprüfen.
Das Gestaltungsinteresse des DBR-Projekts ist die Vorbereitung sowie inhaltliche und konzeptionelle Umgestaltung des Wahlpflichtmoduls auf Grundlage der beiden Fallverständnisse. Im Projekt wird die Zielfindung, der Entwurf und Teile der Entwicklung des holistischen DBR-Modells bearbeitet.
KULTIVIERUNG EINER COMMUNITY OF PRACTICE VON SPRACHLEHRENDEN IN DEN CORONASEMESTERN
Autorin: Dorle Stecher
Die Coronasemester haben an vielen Hochschulen dazu geführt, dass Lehrende sich intensiv mit dem Thema Digitalisierung der Lehre beschäftigen mussten, so auch an der Technischen Hochschule Lübeck. Am Sprachenzentrum der Hochschule sind wenige festangestellte Lehrkräfte und vergleichsweise viele freiberuflich tätige Lehrbeauftragte tätig. Hierdurch wurde bereits vor Corona eine für Sprachenzentren nicht ungewöhnliche Herausforderung deutlich: die Integration aller in der Lehre tätigen Personen in den fachlichen Austausch und die qualitative Weiterentwicklung der Lehre. Eine weitere Herausforderung, die durch coronabedingte Onlinekurse lediglich deutlicher wurde, bestand in der sinnvollen Aufteilung der Sprachkurse in synchrone und asynchrone Anteile. Diese beiden Herausforderungen habe ich zum Anlass genommen, eine Community of Practice zu etablieren. Die Community of Practice bildete den Gegenstand des DBR-Projektes, die Herausforderungen die Grundlage für erste Designannahmen.
Basierend auf den - hauptsächlich - von Etienne Wenger entwickelten Grundsätzen zur Community of Practice wurde für das DBR-Projekt zunächst die Domain identifiziert. Zu Beginn war dies die Onlinelehre, im Verlauf des Projekts hat sich die Domain jedoch verändert. Neben der Domain sind die großen Elemente die Community, also die Mitglieder,und die Practice, also das Teilen von Wissen, Tools, Methoden, Strategien und Dokumenten. Für beide Elemente wurden Designannahmen formuliert, entsprechende Designsausgearbeitet, umgesetzt und analysiert.
Das Projekt erstreckte sich über drei Semester und war insgesamt sehr iterativ gestaltet. Zwischen den Semestern fanden zusätzliche Analysen über Gespräche und Umfragen statt. Zusätzlich wurden Artefakte und Notizen herangezogen, um neue Herangehensweisen zu entwickeln und zu erproben. Zum Ende des Projektes erfolgten semistrukturierte Interviews, die eine Neuausrichtung der Community zur Folge hatten, welche aber nicht mehr Teil des DBR-Projektes ist.