Wintersemester 2020/2021
Eine Goal-Setting-Intervention zur Entwicklung individueller Lebensvisionen -Konzeption, Durchführung und Beforschung eines digitalen Selbstlernformats anhand des Design-Based-Research-Ansatzes
Autor: Jan Knauer
Junge Menschen in Deutschland werden selten angeleitet, ernsthaft darüber nachzudenken, was sie mit ihrer Lebenszeit anfangen wollen: Welche Vision sie für ihr Leben haben, welchen Zielen sie entgegenstreben wollen – welche Person sie sein wollen. Interventionen, die Studierende dazu veranlassen, schriftlich über die Vision ihres Lebens und ihre Ziele für die kommenden Jahre nachzudenken und einen detaillierten Plan zu entwerfen, zeigten hingegen beachtliche positive Effekte wie höhere Motivation, mehr Klarheit über die eigene Zukunft, gesteigertes Wohlbefinden, größerer Studienerfolg und eine Verringerung der Studienabbruchrate.
Zunächst lediglich als theoretische Masterarbeit angelegt, wurde in dessen Rahmen eine Lehrintervention basierend auf der Goal-Setting-Theorie mittels Design Based Research (DBR) entwickelt, in Form eines digitalen Selbstlernkurses erstmalig im Sommersemester 2020 eingesetzt und dessen Effekte für die Teilnehmer in einem mixed-methods-Ansatz beforscht. Der erste Zyklus im DBR-Rahmen zeigte, dass es sich um eine auf solider Forschungsgrundlage basierende, skalierbare Intervention handelt, die bei den Studierenden Effekte wie mehr Klarheit über die Zukunft und eine gestärkte Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung zeigte.
Gemäß dem DBR-Ansatz kann die Gestalt des Kurses aufgrund der erhobenen Daten nun in zukünftigen Zyklen beforschend modifiziert werden. Denn kurze, psychologisch fundierte Interventionen – sogenannte „wise interventions“ – können große und anhaltende positive Effekte für die Studierenden haben, gerade in Hochschulen. Sie können mit verhältnismäßig kleinen Interventionen wie dieser hier vorgestellten dazu beitragen, bei ihren Studierenden eine Aufwärtsspirale in Gang zu setzen, die entscheidend für ein erfolgreiches und sinnerfülltes Leben sein kann.
Die Umstellung des Moduls „Fundamentals in Microeconomics and Institutional Economics“ auf ein Inverted Classroom-Modell – ein Design Based Research-Projekt
Autor: Dirk Sauerland
Dieses Design Based Research-Projekt beschreibt die verschiedenen Phasen der Umstellung eines Pflichtmoduls, das im englischsprachigen, interdisziplinären Masterstudiengangs „Philosophy, Politics, and Economics MA“ angeboten wird.
Der DBR-Ansatz war zyklisch angelegt und beinhaltetet drei Schritte: die Analyse der Ausgangssituation, das theoriebasierte Design des ICM-Prototyps und die anschließende Evaluation dieses Prototyps (McKenney/Reeves 2018). Innerhalb dieses Makro-Zyklus für den Gesamtkurs gab es wiederholte Mikro-Zyklen, die für die einzelnen Veranstaltungen durchgeführt wurden.
Neben der Vermittlung der fachlichen Grundlagen der Mikroökonomik und der Institutionenökonomik sollten u.a. folgende Ziele mit der Umstellung erreicht werden:
Die Teilnehmer sollten durch kollaboratives Lernen die Vorteile einer engen Zusammenarbeit erfahren.
Das interkulturelle Peer learning sollte gefördert werden, um Modelle aus unterschiedlichen Perspektiven kritisch zu hinterfragen und anwenden zu können.
Studierende, die in ihrem Erststudium in einem eher rezipierende Lernstil sozialisiert wurden, sollten schnell an einen aktiven Lernstil herangeführt werden.
Die Ergebnisse der Evaluationen zeigten, dass die genannten Ziele erreicht werden konnten. Zusätzlich ergaben sich durch die spezifische Konstruktion des ICM zwei interessante Erkenntnisse. Zum einen zeigte sich, dass ein erfolgreiches ICM auch mit Videos gestaltet werden kann, die nicht vom Dozierenden der Präsenzphase produziert wurden. Zum anderen war festzustellen, dass die Nutzung der alternativ in der Vorbereitungsphase bereitgestellten Medien (Videos bzw. Texte) nicht im Sinne eines „entweder oder“ erfolgte. Vielmehr wurden von vielen Studierenden beide Medien zur Vorbereitung auf die Präsenzphase genutzt.
Sauerland, D. (2023). Die „Grundlagen der VWL“ anders vermitteln: Wie ein Flipped Classroom im Design Based Research-Ansatz entsteht. In F. Birke, T. Kaiser, L. Oberrauch & B. Remmele (Hrsg.), Ökonomische Bildung als Allgemeinbildung (S. 155–176). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38560-6_12
Aus vielen Ideen wird ein Programm. Weiterentwicklung eines Verfahrens zur Planung hochschuldidaktischer Fortbildungen
Autorin: Meike Siegfried
An der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen (HAWK) wird im Rahmen eines Qualitätspakt Lehre-Projekts seit 2012 ein hochschuldidaktisches Weiterbildungsprogramm angeboten, das von allen Lehrenden der Hochschule wahrgenommen werden kann. Als Programmverantwortliche nutzten wir bislang mehrere Quellen zur Generierung möglicher Themen für unsere Veranstaltungen, u.a. fortlaufende Befragungen der Zielgruppe sowie regelmäßige Recherchen in hochschuldidaktischen Programmen anderer Anbieter.
Die unterschiedlichen Wege der Themenfindung sorgen dafür, dass es an Ideen und Vorschlägen nicht mangelt. Jedoch fehlte uns bislang ein geregeltes Verfahren zur Gestaltung des Programms, das erstens eine transparente und effiziente Prüfung der Ideen auf ihre Passgenauigkeit hinsichtlich der Ziele unseres Angebots ermöglicht und zweitens dazu beiträgt, Kommunikationsprozesse mit Lehrenden, Trainer*innen und internen wie externen Kooperationspartner*innen bei der gemeinsamen Planung von Veranstaltungen stärker zu systematisieren und so zu vereinfachen.
Im Zuge des Design-Based Research-Projekts haben wir auf Basis einer Literaturstudie sowie der Ergebnisse von Umwelt- und Dokumentenanalysen ein Lehrkompetenzmodell entwickelt, das als neue Planungsgrundlage fungiert. Deren Einsatz in unterschiedlichen Entscheidungs- und Kommunikationssituationen erlaubt uns erste Hinweise darauf, inwieweit die Orientierung an einem gemeinsam erarbeiteten Verständnis von Lehrkompetenz andere Quellen für die Programmplanung sinnvoll ergänzen kann, wo neue Herausforderungen entstehen und welche Rahmenbedingungen und Faktoren letztlich darüber entscheiden, wie praxistauglich ein solches Planungskonzept und -verfahren insgesamt ist.
Denkt-mal-nach-Karten als innovative Lernmaterialien für philosophische Seminare
Autorin: Alice Watanabe
„Was gefragt ist, ist die Erfahrungen des Denkenkönnens, der intellektuellen Selbständigkeit […]. Warum sind denn in öffentlichen Beratungs- und Entscheidungsprozessen die Philosophen so wenig gefragt? Weil von ihnen […] einfach nichts mehr erwartet wird: was sollten die, die alle Kant-Kommentare kennen, denn auch sonst noch zu sagen haben“ (Schnädelbach 28: 283).
Kritisches und eigenständiges Denken gilt als Leitkategorie (vgl. Europäische Kommission 2008) und „Leitziel der Lehre“ (Kruse 2010: 77), wodurch es als übergeordnetes Bindeglied zwischen den Disziplinen angesehen werden kann (vgl. ebd.). Vor allem in der Philosophie wird der Tätigkeit des Denkens ein hoher Stellenwert beigemessen. Allerdings wird das Denken in philosophischen Seminaren teilweise durch eine Fokussierung der Literaturanalyse von Klassikerschriften überschattet (vgl. Schnädelbach 1987: 279-284).
In meinem DBR-Projekt setze ich an dieser Überlegung an und untersuche die Frage: Wie können innovative Lernmaterialien für philosophische Seminare zur Auseinandersetzung und Vermittlung der Tätigkeit des Denkens auf Basis von philosophischen und didaktischen Überlegungen entwickelt werden?
Als Intervention werden philosophische Ideen aus drei platonischen Dialogen in didaktischen Lernmaterialien rekonstruiert, die es den Studierenden ermöglichen, die Merkmale des Denkens anhand von Metaphern zu erforschen. Im Mittelpunkt der Denkt-mal-nach-Karten stehen die Spitznamen des Sokrates‘ –Stechmücke (Apologie: 30e-31a), Hebamme (Theaitetos 150b-c) und Zitterrochen (Menon: 80c-d) –, welche durch visuelle Darstellungen und gezielte Aufgaben den Studierenden die Merkmale des Denkens vermitteln. Durch eine erste Pilotstudie mit Studierenden der Medienproduktion sowie durch fokussierte Interviews mit Dozierenden aus der Philosophie wird anschließend der Prototyp in einem iterativen Prozess geprüft und kontinuierlich angepasst.
Von der Präsenz zum Digitalen -Entwicklung eines digitalen Lehrkonzepts in der hochschuldidaktischen Weiterbildung
Autorin: Katharina Zickwolf
Der digitale Wandel stellt die Hochschulen vor die Herausforderung, durch die Entwicklung von Strategien und Rahmenbedingungen diesem auf technischer, organisatorischer und kultureller Ebene zu begegnen. Die pandemiebedingte Umstellung der Lehre im Sommersemester 2020 auf digitale Lehre führte dabei zu einer erheblichen Beschleunigung dieses Wandels und bildet damit die Ausgangslage für das hier vorliegende DBR-Projekt, welches an der TU Braunschweig entwickelt wurde.
In der Annahme, dass die Lehrkompetenz der Lehrenden einen hohen Einfluss auf die Qualität der Lehre hat, aber nicht alle Lehrenden über ausreichende Kompetenzen in der Planung und Umsetzung von digitalen Lehrkonzepten verfügen, ging das Projekt der Frage nach, wie ein digitales Lehrkonzept (Webinar) zur Vermittlung von grundlegenden Methoden und Tools zur Umstrukturierung von Präsenzseminare in digitale Formate für Lehrende gestaltet sein kann. Die theoretische Rahmung wurde aus Theorien und Erkenntnissen der (gestaltungsorientierten) Mediendidaktik und Hochschuldidaktik bezogen und in die Praxis anhand der Dimensionen im Didaktischen Design, Vermittlungs-, Aktivierungs- und Betreuungsdimension, übertragen. Beruhend auf Eulers Prozessmodell wurde in einem Mesozyklus die Entwicklung, Testung und Evaluation des Designs umgesetzt. In zwei Mikrozyklen wurde dabei ein Webinar für Lehrende konzipiert, umgesetzt und auf Basis der Rückmeldungen und Ergebnisse iterativ weiterentwickelt und anschließend Gestaltungsprinzipien für digitale hochschuldidaktische Weiterbildungsangebote abgeleitet.