Lehren und Lernen
Studentische Initiativprojekte als selbstorganisierte Mannschaft – ein Interview mit Miriam Hinterholzer aus dem Master „Germanistische Linguistik“
17. Juni 2024, von Eileen Lübcke
HUL: Frau Hinterholzer, warum sind Sie auf die Idee zum studentischen Lehrprojekt gekommen?
Eine Kommilitonin hat vor einiger Zeit auch ein studentisches Lehrprojekt angeboten und seither habe ich mich mit der Organisation eines solchen Projekts beschäftigt. Thematisch bin ich v. a. in Schul- und Kitakontexten meiner Kinder immer wieder darauf gestoßen, dass Scham und Beschämung in Erziehung und Bildung nach wie vor eine große Rolle spielen. Gleichzeitig haben mich schon immer Begriffe wie Schamlippen und Schamhaare irritiert, da sie meiner Meinung nach wertend und stigmatisierend wirken. Dementsprechend erschien es mir lohnend und spannend, Scham aus einer sprachwissenschaftlichen Perspektive zu untersuchen.
HUL: Was genau sind studentische Lehrprojekte und wie kann man sich bewerben?
Studentische Lehrprojekte bieten die Möglichkeit, schon im Studium Erfahrungen in der Lehre zu sammeln. Das Konzept sieht lediglich vor, dass man eine Lehrperson finden muss, die sich bereit erklärt, das Lehrprojekt zu betreuen und zu verantworten. Dazu braucht es auch keine formale Bewerbung oder dergleichen – eine mündliche Absprache mit der dozierenden Person reicht völlig aus. Im Anschluss sollte man allerdings rechtzeitig das geplante Lehrprojekt der Studienorganisation mitteilen, sodass die Veranstaltung dann auch im entsprechenden Semester auf STiNE angeboten werden kann.
Mit Blick auf die inhaltliche Konzeption empfehle ich, sich genau zu überlegen, mit welcher Lehrperson man das Lehrprojekt durchführen möchte. Denn ein eigenes Seminar zu planen, zu konzeptualisieren und durchzuführen – man selbst steht ja vorne und moderiert die Sitzung –, erfordert meines Erachtens nach eine gute und vertrauensvolle Betreuung durch die Lehrperson, sodass es am Ende auch Spaß macht und nicht zu Überforderungen kommt. In meinem Fall ist das Prof. Dr. Lars Sörries-Vorberger. Schon als seine Hilfskraft durfte ich im Vorfeld des Projekts wertvolle forschungspraktische Erfahrungen auf Augenhöhe sammeln, was mich umso mehr bestärkt hat, das Projekt mit ihm gemeinsam zu realisieren.
HUL: Was genau machen Sie während des Projektes?
Mein Ziel war es, das Projekt nicht nur für meine persönliche Lehrerfahrung zu nutzen, sondern auch den Kommiliton:innen ein Forschungsangebot zu machen, sodass wir im besten Fall alle gemeinsam auf Augenhöhe intrinsisch motivierte Forschungsfragen entwickeln und in Projektform untersuchen. Wir haben auf STiNE versucht, das Lehrprojekt so breit und interdisziplinär wie möglich anzubieten, was glücklicherweise hinsichtlich der Teilnehmenden zu einer bunten Vielfalt geführt hat und in der Summe zu diversen spannenden studentischen Forschungsprojekten. Dank der Förderung durch den Innovationsfonds Studium und Lehre 2024 konnten wir am 03.07.24 auch die geplante Abschlussveranstaltung durchführen. Die Ausstellung der studentischen Projektarbeiten wurde gerahmt von zwei Impulsvorträgen der geladenen Gästinnen Prof. Dr. Theresa Heyd (Professorin für Anglistik, Universität Heidelberg) und Ines Rudolph (Hebamme & Sexologin, Dresden).
HUL: Wie konnten Sie sich auf die Rolle der Leitung vorbereiten?
Neben meinen Tätigkeiten als Hilfskraft und in Forschungsprojekten habe ich fortlaufend Lehrerfahrung in Tutorien gesammelt. Das hat mir sehr geholfen.
HUL: Was beobachten Sie bei Ihren Kommiliton:innen, die bei Ihnen teilnehmen?
„Obwohl“ es sich nur um eine Veranstaltung des „Freien Wahlbereichs“ handelt, nahm ich eine große intrinsische Motivation und ein großes Engagement seitens der Kommiliton:innen wahr. Für diese motivierte und engagierte Zusammenarbeit im Projekt bin ich sehr dankbar, da sie das Projekt auch für mich zu einer äußerst positiven und ebenfalls motivierenden Erfahrung gemacht hat. Wir haben sogar Teilnehmer:innnen, die ohne offizielle Anmeldung und ohne den Anspruch auf Leistungspunkte teilgenommen und auch Projekte ausgearbeitet haben. Das freut mich umso mehr und verdeutlicht meiner Meinung nach, wie wichtig ein studentisches Forschungsangebot in der Lehre ist.
HUL: Was nehmen Sie besonders aus der Leitung der Projekte mit?
Jede Menge inspirierenden Austausch mit den Kommiliton:innen sowie forschungspraktische und didaktische Erfahrung durch die Betreuung von Herrn Sörries-Vorberger. Dafür bin ich sehr dankbar.
HUL: Vielen Dank für das Gespräch