Studienerfolg
Studienerfolg ist ein zentrales Themengebiet der Hochschulforschung. Dabei kann Erfolg im Studium zum einen anhand von objektiven Kriterien wie Noten, der Dauer des Studiums oder den Abbruchsraten verstanden werden. Zum anderen kann Studienerfolg auch auf subjektiver Ebene, zum Beispiel durch die Studienzufriedenheit, den wahrgenommenen Lernfortschritt oder die Abbruchsintention betrachtet werden. Unsere Forschung zu Studienerfolg ist eng mit der Forschung zu Wissenschaftsdidaktik verknüpft, denn die Ziele von beiden haben Überschneidungen. Um Studienerfolg besser zu verstehen und zielgerichtet fördern zu können, interessieren wir uns am HUL zudem für wichtige Prädiktoren, darunter Motivation oder Passung. In unser Forschung greifen wir auf verschiedene Methoden wie systematische Reviews, latent-change-score Modelle oder Response-Surface-Analysen zurück.
Studienmotivation
Studienmotivation ist für verschiedene Bereiche des Studienerfolgs, wie Studienabbruch, Studienzufriedenheit oder Durchschnittsnote von zentraler Bedeutung. Dabei handelt es sich bei Studienmotivation um ein Konstrukt, das nicht direkt messbar ist, sondern nur indirekt erfasst werden kann. Die situative Erwartungs-Wert Theorie (SEVT) legt beispielsweise nahe, dass Studienmotivation durch eine Kombination von subjektiven Erfolgserwartungen und subjektiven Wertüberzeugungen von Studierenden entsteht.
Im Rahmen der SEVT untersuchen wir, wie sich Erwartungen und Werte zwischen verschiedenen Studienfächern unterscheiden. Im Vergleich zu anderen Studiengängen nehmen Studierende der Geisteswissenschaften beispielsweise die berufliche und gesellschaftliche Relevanz des eigenen Studiums als deutlich geringer wahr (Breetzke et al., 2023; Breetzke et al., 2024).
Daran anknüpfend haben wir auch Möglichkeiten zur Stärkung der beruflichen und gesellschaftlichen Relevanzwahrnehmung von Studierenden der Geisteswissenschaften untersucht . Dabei haben wir besonders vielversprechende Maßnahmen aus Forschung und Praxis synthetisiert (Breetzke & Bohndick, 2024a; Breetzke & Bohndick, 2024b). Gleichzeitig haben wir die Effektivität verschiedener universitärer Veranstaltungen und ihrer Gestaltungsmerkmale analysiert (Bohndick & Breetzke, 2024)
Die Ergebnisse zu Studienmotivation bieten verschiedenste Transferpotentiale. Zum Beispiel können sie dazu beitragen, die Motivationsprobleme von Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen aufzudecken. Darauf aufbauend können konkrete Ideen und Ansätze entwickelt werden, um diesen Problemen in der Lehre durch Interventionen oder Anpassungen des Curriculums entgegenzuwirken (Breetzke, 2024). Dies kann schlussendlich dazu beitragen, den Erfolg von Studierenden zu erhöhen. Gleichzeitig werden in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspater*innen (z.B. dem universitärem Career-Service) auch spezifische Ansätze untersucht, die auf den Ergebnissen aufbauend weiterentwickelt werden können.
Ausgewählte Publikationen:
- Breetzke, J., Özbagci, D. & Bohndick, C. (2023). “Why are we learning this?!”—Investigating students’ subjective study values across different disciplines. Higher Education, 87(5), 1489–1507. https://doi.org/10.1007/s10734-023-01075-z
- Breetzke, J. & Bohndick, C. (2024a). Relevanz, Nutzen und Wert des Studiums – Neue Perspektiven aus Forschung und Praxis. Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830998440
- Breetzke, J., Özbagci, D. & Bohndick, C. (2024). Entwicklung und Validierung der WERT-Skalen: Ein Messinstrument zur Erfassung der wahrgenommenen beruflichen und gesellschaftlichen Relevanz des Studiums. Zeitschrift für pädagogische Psychologie. 1-13. https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000389
- Breetzke J., & Bohndick C. (2024b). Ist mein Studium relevant? Wie Studierende den beruflichen und gesellschaftlichen Wert ihres Studiums wahrnehmen und wie Hochschulen ihn steigern können. career service papers, 21, 33–46. https://dspace.ub.uni-siegen.de/bitstream/ubsi/2702/1/csp_21_2024.pdf
- Breetzke, J. (2024). Disciplinary differences in students’ motivation – Investigating expectancies and values, their correlation to academic success, and longitudinal trajectories. (Dissertation, Universität Hamburg).
- Bohndick, C., & Breetzke, J. (2024). WERT: Wirkung von Maßnahmen zur Erhöhung der Einschätzung beruflicher und gesellschaftlicher Relevanz in geisteswissenschaftlichen Studiengängen. (Abschlussbericht, Bundesministerium für Bildung und Forschung).
Passung
Unter Passung verstehen wir die Übereinstimmung zwischen Studierenden und der Universität. Dafür greifen wir unter anderem die Person-Environment-Fit Theorie zurück, beschäftigen uns aber auch mit ähnlichen Konstrukten wie sozialer und akademischer Integration oder sozialer Eingebundenheit. Wir untersuchen Prädiktoren von Passung genauso wie beliebte Messinstrumente. Dabei nutzen wir vielfältige Methoden, angefangen bei Strukturgleichungsmodellen bis hin zu Response-Surface Analysen.
Ausgewählte Publikationen:
- Bohndick, C., Rosman, T., Kohlmeyer, S., & Buhl, H. M. (2018). The interplay between subjective abilities and subjective demands and its relationship with academic success. An application of the person–environment fit theory. Higher Education, 75(5), 839-854. https://doi.org/10.1007/s10734-017-0173-6
- Bohndick, C., Breetzke, J., & Rosman, T. (2024). Asking students about their fit with the university: A response surface analysis of demands-abilities fit. Active Learning in Higher Education, 25(2), 258-271. https://doi.org/10.1177/14697874221124306
- Bohndick, C. & Bonanati, S.. Wählen Studierende die Lehrveranstaltungen, die zu ihren Bedarfen passen? Eine Untersuchung von Besuchsplanung und tatsächlichem Besuch. die hochschullehre, 8. https://doi.org/10.3278/HSL2231W
- Bohndick, C. (2023). Forschung zu akademischer Integration und akademischer Passung als Perspektive für die Wissenschaftsdidaktik. In G. Reinmann & R. Rhein (Hrsg.), Wissenschaftsdidaktik III (Wissenschaftsdidaktik, Bd. 3, S. 13–32). Bielefeld, Germany: transcript Verlag. https://doi.org/10.14361/9783839462966-002
Diversität
Vor dem Hintergrund einer deutlichen Diversität unter Studierenden, nehmen wir auch in unserer Forschung verschiedene individuelle, soziale und organisationale Diversitätsfaktoren und ihre Zusammenhänge mit Studienerfolg und Prädiktoren von Studienerfolg in den Blick. Ziel ist es dabei immer, Herausforderungen und Chancen auszumachen und Möglichkeiten für den Tranfer in die Lehre auszuloten.
Ausgewählte Publikationen:
- Bohndick, C., Bosse, E., Jänsch, V. K. & Barnat, M. (2021). How Different Diversity Factors Affect the Perception of First-Year Requirements in Higher Education. Frontline Learning Research, 9(2), 78–95. https://doi.org/10.14786/flr.v9i2.667
- Özbağcı, D., Breetzke, J. & Bohndick, C. (2023). How do social and academic integration develop over time? Longitudinal analyses of differences based on students’ sociodemographic background. European Journal of Higher Education, 1–21. https://doi.org/10.1080/21568235.2023.2279133
Employability und Citizenship
Employability und Citizenship sind zwei zentrale Ziele für Studierende und Hochschulen. Dabei verstehen wir Employability als Fähigkeiten und Eigenschaften, die zu subjektivem und objektivem Erfolg im Beruf führen. Citizenship hingegen betrachtet Wissen, Werte und
Einstellungen, welche notwendig sind, um als Bürger*in an einer demokratischen
Gesellschaft teilzunehmen. In diesem Zusammenhang untersuchen wir unter anderem, wie sich die Teilnahme an Career-Service Veranstaltungen auf die Employability von Studierenden auswirkt oder welche Maßnahmen zur Steigerung von Employability und Citizenship es im Hochschulkontext gibt.
Ausgewählte Pubilkationen:
- Eimer, A., & Bohndick, C. (2022). Teilnahme an Career-Service-Veranstaltungen und selbsteingeschätzte Employability von Studierenden an einer deutschen Universität. ZeHf–Zeitschrift für empirische Hochschulforschung, 5(2), 104-121.
- Breetzke J., & Bohndick C. (2024b). Ist mein Studium relevant? Wie Studierende den beruflichen und gesellschaftlichen Wert ihres Studiums wahrnehmen und wie Hochschulen ihn steigern können. career service papers, 21, 33–46. https://dspace.ub.uni-siegen.de/bitstream/ubsi/2702/1/csp_21_2024.pdf
Studienzufriedenheit und Wohlbefinden
Unter Studienzufriedenheit verstehen wir die subjektive Bewertung von Studierenden bezüglich ihres allgemeinen Hochschulstudiums. Dabei untersuchen wir den Einfluss unterschiedlicher Prädiktoren, wie zum Beispiel interdisziplinärer Kompetenzen, auf Studienzufriedenheit. Zudem beschäftigen wir uns mit der Messung von Studienzufriedenheit in empirischen Untersuchungen.
Ausgewählte Publikation:
- Kegel, L. S., Bohndick, C., Breetzke, J., Janke, S., Scheunemann, A., Wenker, T. (2024). Scale for Measuring Study Satisfaction in Higher Education. Zusammenstellung sozialwissenschaftlicher Items und Skalen (ZIS).
Internationale Studierende
Internationale Studierende sind mit vielen Herausforderung konfrontiert, zum Beispiel mit sprachlichen Barrieren, Kulturschocks und Unterschieden im Bildungssystem, die ihren Studienerfolg beeinflussen könnten. Im Zentrum unserer Forschung am HUL stehen die sozialen Interaktionen internationaler Studierender. Wir untersuchen, wie internationale Studierende Kontakte knüpfen, wie sie Beziehungen mit Lehrenden und Kommiliton*innen etablieren und wie sie sich in die universitären Gemeinschaften integrieren.
Durch ein systematisches Literaturreview identifizieren wir drei Faktoren, die die soziale Interaktion internationaler Studierender beeinflussen nämlich Person (z.B. Persönlichkeit und Fähigkeit), Umwelt (z.B. Beratung und Unterstützung) und Passung (z.B. Kulturschock). Nicht zuletzt untersuchen wir die Auswirkung sozialer Interaktion auf das Zugehörigkeitsgefühl und die psychische Gesundheit internationaler Studierender.
Außerdem forschen wir zu den weiteren Karriereplänen internationaler Studierender, indem wir uns intensiv mit ihren Entscheidungsprozessen auseinandersetzen. Derzeit arbeiten wir daran, die kognitiven Verzerrungen zu verstehen, die die Entscheidungen internationaler Studierender beeinflussen, und entwickeln ein Interventionsprogramm, um Fehlschlüsse während des Entscheidungsprozesse zu überwinden.
Die Bedeutung unserer Forschungen und deren Transferpotentiale sind vielschichtig: Unsere Ergebnisse tragen nicht nur zur Verbesserung der Studien- und Lebensbedingungen internationaler Studierender bei, sondern fördern auch ein inklusiveres und internationaleres akademisches Umfeld. Besonders hervorzuheben ist, dass erfolgreiche soziale Interaktionen und fundierte Entscheidungsprozesse entscheidende Faktoren für das allgemein Wohlbefinden und den Studienerfolg internationaler Studierender sind. Diese Erkenntnisse könnten auch auf ähnliche Kontexte übertragen werden, um die Integration und Unterstützung internationaler Studierender weltweit zu verbessen.
Ausgewählte Publikation:
- Li, Z. & Bohndick, C. (2024). Interaktionen internationaler Studierender außerhalb von Lehrveranstaltungen: Ein systematisches Review von Einflussfaktoren und Auswirkung auf Studienerfolg. Derzeit in Vorbereitung.
Was können Universitäten tun?
Universitäten spielen eine zentrale Rolle dabei, den Studienerfolg ihrer Studierenden zu fördern. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen, Interventionen und Angeboten können Hochschulen beispielsweise dazu beitragen, die Motivation oder Integration ihrer Studierenden zu steigern und so den Studienerfolg zu sichern.
In diesem Themenbereich haben wir beispielsweise universitäre Maßnahmen zusammengetragen, die die Wahrnehmung der beruflichen und gesellschaftlichen Relevanz von Studierenden erhöhen und damit zur Verbesserung des Studienerfolgs beitragen können (Breetzke & Bohndick, 2024a; Breetzke et al., 2024b). Die Maßnahmen reichen von kurzen, direkt in der Lehre umsetzbaren Interventionen, über Angebote universitärer Career-Services und innovative Lehrformate bis hin zu umfassenden curricularen Veränderungen. Außerdem nehmen wir auch besondere Studierendengruppen in den Blick uns sammeln aktuell Maßnahmen, die sich explizit an Studierende der ersten Generation wenden.
Ausgewählte Publikationen
- Breetzke, J. & Bohndick, C. (2024a). Relevanz, Nutzen und Wert des Studiums – Neue Perspektiven aus Forschung und Praxis. Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830998440
- Breetzke J., & Bohndick C. (2024b). Ist mein Studium relevant? Wie Studierende den beruflichen und gesellschaftlichen Wert ihres Studiums wahrnehmen und wie Hochschulen ihn steigern können. career service papers, 21, 33–46. https://dspace.ub.uni-siegen.de/bitstream/ubsi/2702/1/csp_21_2024.pdf