Lehren und Lernen
Hands-on Schreiben: Tipps und Methoden vom Schreibzentrum
9. Februar 2024, von Anne Benteler und Mascha Jacoby

Foto: Guilia Forsythe
Wissenschaftliches Schreiben erfordert ein hohes Maß an Selbstorganisation und Selbststeuerung angesichts der Komplexität von Schreibprozessen: Sie bestehen aus verschiedenen Phasen und vielfältigen Teilaufgaben, welche oft parallel zu erledigen sind und teilweise sogar rekursiv verlaufen. Unsere Workshops und das Schreibevent „Tag der aufgeschobenen Hausarbeiten“ (14.3. in der SUB) halten Angebote bereit für alle Schreibphasen: 1. Orientierung und Themenfindung, 2. Recherche und Materialbearbeitung, 3. Strukturieren und das Schreiben planen, 4. Rohfassung schreiben, 5. Überarbeiten. Welche Schreibtipps und -methoden helfen in welcher Schreibphase?
Während der Themenfindung formuliert man eine (vorläufige) Fragestellung und legt grob fest, wie man diese beantworten möchte. Studierende dafür ein Exposé oder Blitz-Exposé schreiben zu lassen hat viele Vorteile: Man kann lernen, wie ein wissenschaftliches Thema aufgebaut ist und welche Gliederungspunkte ein Exposé enthält. Die Übungsergebnisse können dann die Grundlage für (Peer-)Feedback dazu bilden, inwiefern das Thema für die Anforderungen im Kurs passend, fachlich relevant und durchführbar ist. Den Studierenden kann das Exposé als eine Art Fahrplan für ihre Untersuchung und den Schreibprozess dienen. Später kann man aus dem Exposé die Einleitung formen.
Bei der Recherche und der Bearbeitung des Materials zahlt es sich aus, möglichst eng an der eigenen Fragestellung zu bleiben: Was brauche ich wirklich und in welcher Form möchte ich es in meiner Hausarbeit unterbringen? Der gezielte Einsatz von Lesetechniken und -notizen geht dann fließend über in das Erstellen von Exzerpten, die als Textbausteine funktionieren und die man später beim Schreiben wie ein Sprungbrett vom Lesen zum eigenen Text nutzen kann – gut exzerpiert ist schon halb geschrieben. Ob und wie man sich dabei sinnvoll und zulässig von Literaturverwaltungsprogrammen oder generativer KI unterstützen lässt, thematisieren wir in unseren Workshops.
Der erste Entwurf einer Gliederung lässt sich mit den Methoden Clustering und Mindmapping erarbeiten, die sich darin unterscheiden, dass Cluster freier und assoziativer entstehen, während Mindmaps bereits logische Strukturen abbilden. Es ist empfehlenswert, zunächst den kreativen Gedanken freien Lauf zu lassen und im Anschluss eine logische Ordnung für den Text herauszuarbeiten. Anhand der entworfenen Gliederung kann man daraufhin das Schreiben planen, indem man zu jeder Kapitelüberschrift schnell in drei Sätzen den Inhalt skizziert. Es entsteht eine Art roter Faden für den Text, der beim Schreiben hilft, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und beim späteren Überarbeiten eine Referenzfolie bietet.
Man hinterfragt sich beim Schreiben schnell selbst, unterbricht den Schreibfluss und kommt nur mühsam voran. Die Methode Freewriting kann helfen, sich anfänglich von hohen Ansprüchen zu verabschieden und zügig imperfekte Rohtexte zu produzieren. Dafür lässt man bei der klassischen Variante die Gedanken gänzlich frei fließen und hält sie schriftlich fest. Bei der „fokussierten“ Variante lenkt man den Gedanken- und Schreibfluss auf einen Fokus, z. B. auf eine Frage oder ein Thema. Bei beiden Varianten schreibt man während festgelegter kürzerer Schreibzeiten (z.B. 5 - 20 Minuten) ununterbrochen, streicht nichts durch, hält im Fluss auftauchende Fragen und Unsicherheiten fest und macht sich erstmal keine Gedanken über z. B. Struktur oder Fehlerfreiheit des Textes.
Ein Text wird besser, je öfter man ihn überarbeitet, was Studierenden oft nicht bewusst ist. Um die Argumentationsstruktur eines Textes zu überarbeiten, kann man die zentrale Aussage jedes Kapitels und Absatzes herunterbrechen und als Stichpunkt oder These neben dem Text notieren. So erkennt man Passagen, die an der Fragestellung vorbeigehen und kann Absätze nach Kernaussagen zur Beantwortung der Frage bilden und in eine logische Reihenfolge bringen. Dadurch arbeitet man auf Absatzebene den roten Faden heraus. Dabei kann man auch überprüfen, ob die Idee, die man in einer Passage erläutern möchte, wirklich verständlich aus dem Text hervorgeht. Falls nicht, kann man einen Satz mit der zentralen Aussage einarbeiten. Dadurch bringt man die eigene Argumentation auf den Punkt.
Wenn Sie Interesse haben, die hier umrissenen Methoden in der Lehre einzusetzen, kontaktieren Sie uns gerne für eine schreibdidaktische Beratung: schreibberatung.hul"AT"uni-hamburg.de
Literatur:
Scheuermann, U. (2016): Schreibdenken: Schreiben als Denk-und Lernwerkzeug nutzen und vermitteln, Opladen: Verlag Barbara Budrich.
Ulmi, M., Bürki, G., Verhein, A. & Marti, M. (2014): Textdiagnose und Schreibberatung. Fach- und Qualifizierungsarbeiten begleiten, Opladen: Verlag Barbara Budrich.
Wolfsberger, J. (2010): Frei geschrieben. Mut, Freiheit und Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten, Wien: Böhlau Verlag.