Lehren und Lernen
Gemeinsam zum Titel
17. Juni 2024, von Gabi Reinmann
Das HUL ist eine universitäre Einrichtung, die neben Forschung und Lehre ein umfangreiches Beratungs-, Unterstützungs- und Qualifizierungsangebot macht, das sich primär an Lehrpersonen der Universität Hamburg wendet. Studierende mit Lehraufgaben, etwa Tutor:innen, gehören auch zu dieser Zielgruppe. Mit der Integration des Schreibzentrums ins HUL und der Verknüpfung von Hochschul- und Schreibdidaktik sind wir den Studierenden noch ein wenig nähergekommen. Aber mal ganz unabhängig davon: Für wen sind wir als Lehrpersonen an einer Universität da? Ganz klar: für die Studierenden, die also indirekt immer im Fokus sind, wenn es um Lehre geht – auch am HUL. Gelehrt wird mit der Erwartung, Hoffnung und Anforderung, dass Studierende etwas lernen und sich bilden. Das geht nicht ohne Zutun der Studierenden selbst, und es geht nicht, ohne dass wir Beziehungen stiften und auf diesem Weg das Vertrauen und die Bereitschaft schaffen, sich auf Lern- und Bildungsprozesse tatsächlich einzulassen.
In der internationalen Forschung zu Higher Education werden seit einiger Zeit die Konzepte Relationship-Rich Education und Academic Belonging intensiv diskutiert und untersucht. Was ist damit gemeint? Wörtlich könnte man Relationship-Rich Education als beziehungsreiches Lehren übersetzen. Wer Lehre beziehungsreicher machen will, kann viele Wege gehen: Gruppenarbeiten in die didaktische Gestaltung einbinden, mit Team-Teaching soziale Interaktionen erweitern, Peer-Lernen anregen und unterstützen, Mentoring-Angebote machen und so weiter. Auch interdisziplinäre oder internationale Veranstaltungen oder Module können den Beziehungsreichtum in Studium und Lehre erhöhen. Academic Belonging hat ebenfalls mit Beziehungen zu tun, hebt allerdings stärker den Aspekt der Zugehörigkeit zu einer akademischen Gemeinschaft hervor: Fühlen sich Studierende in ihrer Universität eingebunden, sehen sie sich als Teil der Campus-Gemeinschaft und/oder erleben sie sich als Mitglied einer fachwissenschaftlichen Community? Internationale Studien belegen, dass sich eine hohe Beziehungsqualität an der Universität und das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer akademischen Gemeinschaft positiv auf den Studienerfolg auswirken, studentisches Engagement steigern oder die Beteiligung in der Lehre verbessern – um nur einige beispielhafte Befunde zu nennen.
Zugegeben: Solche Befunde klingen plausibel. Und vermutlich haben die meisten Lehrpersonen selbst schon die Erfahrung gemacht, dass Beziehungen und Zugehörigkeitsgefühl positive Effekte haben. Und doch sind das alles andere als Selbstläufer: Soziales Lernen – oder besser doch eine effiziente Prüfungsvorbereitung? Peer-Lernen – oder besser doch ein Chatbot als der geduldigere Lern-Buddy? Teilhabe an Forschung – oder besser doch eine Veranstaltung, die Lehrenden und Studierenden nicht so viel abverlangt? Es lohnt sich also, das Thema Beziehungen in der Lehre immer mal wieder explizit zu machen.
Lektüre-Tipps zum Thema:
Felten, P. & Lambert, L.M. (2020). Relationship-rich education. How human connections drive success in college. Baltimore: Johns Hopkins University Press.
Rueda, E. & Lowe Swift, C. (Ed.) (2024). Adademic Belonging in higher education. New York: Routledge.