Lehren und Lernen
Ein Trainer kommt selten allein: Impulse für die Lehre durch individualisiertes Textfeedback von TextTutor:innen
17. Juni 2024, von Fridrun Freise
Alle Studierenden erfahren individuell im Feedback der TextTutor:innen, ob sie die fachlichen Schreibregeln umgesetzt haben, welche Textanteile schon gelungen sind und was noch verbessert werden könnte. Gleichzeitig erhalten die TextTutor:innen schon im Semester Einblick in den Lernstand und die Fragen der Studierenden und können mit den Lehrenden über ihre Beobachtungen sprechen. Dabei können sowohl für die TextTutor:innen passende Feedbackstrategien entstehen als auch sonst unentdeckt bleibende Lernengpässe der Studierenden aufgedeckt werden, die die Lehrenden dann im Seminar adressieren.
Über ihre Erfahrungen mit dem TextTutor:innen-Programm berichten zwei Lehrende und ihre jeweiligen TextTutor:innen, die in diesem Sommersemester an dem von der Fakultät für Geisteswissenschaften finanzierten Programmbereich teilnehmen.
Vertretungsprofessor Dr. Tim Ziemer betreibt in der Systematischen Musikwissenschaft mit Seminarteilnehmenden seit 2023 den Blog SystMus. In der schreibintensiven Veranstaltung lernen die Studierenden suchmaschinenenoptimiertes Schreiben über Musik – eine selten vermittelte fachspezifische Medienkompetenz. Hier erfahren Studierende die schnelle Taktung professioneller Publikationssituationen. Das ermöglicht allein die zusätzliche Feedback-Instanz: „Nur gemeinsam haben wir die Kapazitäten“, so Tim Ziemer. Den ungewöhnlich hohen Publikationsoutput erleichtert TextTutor Roman Stracke durch Schaffung einer Feedback-Kultur, in der die Studierenden „gerne ihr Feedback erhalten“ und dies „mit Motivation umsetzen wollen“. Hier haben TextTutor:innen eine ganz andere Rolle als die üblichen Fachtutor:innen. Das bestätigt Roman Stracke: „[I]ch […] bin [...] unabhängiger von den eigentlichen Lehrinhalten und kann mich auf die Texte der Studierenden fokussieren.“ Auch die reguläre Lehre profitiert von dem Feedback-Projekt. Tim Ziemer zielt mit Textrückmeldungen nun verstärkt auf positive Potentialförderung, damit Studierende lernen, „ihre Stärken zu erkennen, zu nutzen und auszubauen“, und integriert Fragen methodischer Darstellung: „So wird ein Text nicht nur stilistisch schön, sondern erhält auch eine hohe inhaltliche Qualität.“
Dr. Franziska Thiel lobt die veränderte Lehrsituation, die durch die Zusammenarbeit mit den TextTutor:innen entsteht. In ihrem Seminar „#RelevanteLiteraturwissenschaft“ erarbeiten Studierende Rezensionstexte zu Büchern, die für den Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis nominiert sind. Gelungene Rezensionen werden im Online-Portal KinderundJugendmedien.de veröffentlicht. TextTutor Tim Griffel wird durch die studentische Hilfskraft Anika Luisa Höwer verstärkt, die ebenfalls an der TextTutor:innen-Schulung teilgenommen hat. Franziska Thiel hat das Angebot des Schreibzentrums genutzt, die Feedbackkapazitäten noch zu erweitern, weil die Studierenden spiegeln, „wie wichtig und hilfreich ein fundiertes Feedback für sie“ ist. Das Feedback schafft – wie die TextTutor:innen berichten – den Studierenden nicht nur ein „Gefühl von Sicherheit“ beim Bewältigen der unbekannten Textsorte. Im Austausch erfahren Anika Höwer und Tim Griffel auch, „welche Aspekte [die Studierenden] an der Struktur des Seminars überzeugen, aber auch an welchen Stellen sie Vorschläge für Innovationen und weitere Unterstützungsmaßnahmen haben“. Die Perspektiverweiterung ermöglicht es Franziska Thiel, mit ihren TextTutor:innen „als 3er-Team gemeinsam [zu] agieren und so auf die Bedürfnisse im Seminar ein[zu]gehen und [zu] reagieren“.
Das Fazit: TextTutorien bewirken mehr als intensivierte Textarbeit und gestalten Lehr-Lern-Szenarien als neue Erfahrungsräume – Team-Teaching oder die Simulation professioneller Publikationssituationen sind zwei mögliche Beispiele.