Lehren und Lernen
Forschendes Entwerfen – Lehre und Forschung in einem besonderen Beziehungsmodell
15. Juli 2025

Foto: HUL/ Reinmann et al.
Um für Design-Based Research-Projekte in der Hochschullehre Orientierung zu geben, haben Alexa Brase und Gabi Reinmann (HUL) zusammen mit Dominikus Herzberg (TH Mittelhessen und MHE-Alumnus) verschiedene Instrumente entwickelt, die im vergangenen Jahr im Buch Forschendes Entwerfen – Design-Based Research in der Hochschuldidaktik erschienen sind. Durch Forschendes Entwerfen entstehen in einem iterativen Prozess praktische Lösungen, empirische Einsichten und lokale Theorien[BN1] . Die praktischen und wissenschaftlichen (Zwischen-)Ergebnisse stehen in einer besonderen Beziehung zueinander: Sie bedingen sich, interagieren, inspirieren sich gegenseitig.
Wer an der Hochschule lehrt, ist auf diesem Wege immer auch gestaltend tätig: Lehrende planen und konzipieren ihre Veranstaltungen, setzen sie um und sammeln Erfahrungen, lernen selbst dazu und lassen diese Lernerfahrungen ins nächste Semester einfließen. Evaluationsergebnisse, Gespräche mit Studierenden, eigene Beobachtungen, vielleicht auch der Austausch mit Kolleg:innen, hochschuldidaktische Angebote oder Lektüre entsprechender Fachtexte führen dazu, dass Lehre, im Idealfall, beständig weiterentwickelt wird – in Bezug auf fachliche wie auch überfachliche Lehr- und Bildungsziele.
Ausschlaggebend für gelingende Lehre sind neben fachlicher Expertise das didaktische Wissen und Können, das sich Lehrende über Erfahrung und Weiterbildung aneignen. Was im Zuge des Lehralltags mit seinen zahlreichen Herausforderungen nicht immer bedacht wird, sind folgende zwei Aspekte. Erstens: Als forschende Disziplin kann Hochschuldidaktik auch wissenschaftliche Erkenntnisse zum Lehren und Lernen beitragen. Eine Lehrgestaltung, die diese Erkenntnisse aufgreift und für das eigene Fach fruchtbar macht, kann dazu führen, die jeweils gesetzten Lehr- und Bildungsziele besser zu erreichen. Zweitens: Lehre selbst trägt darüber hinaus ein Potenzial für Forschung in sich und damit für Erkenntnisse, die nicht nur für die eigene Lehre relevant sind. In diesem Sinne werden Lehre und die damit verbundenen Gestaltungsprozesse zu einer Quelle neuer Erkenntnisse.
Dieses zweitgenannte Prinzip kann man sich mit Design-Based Research (DBR) zunutze machen: einem Forschungsgenre, das Bildungsforscher:innen ebenso einsetzen wie Lehrende, die im Rahmen von Scholarship of Teaching and Learning zu ihrer eigenen Lehre forschen. Um für DBR-Projekte in der Hochschullehre Orientierung zu geben, haben wir am HUL ein Modell und verschiedene Instrumente entwickelt, die im vergangenen Jahr im Buch Forschendes Entwerfen – Design-Based Research in der Hochschuldidaktik erschienen sind. Durch Forschendes Entwerfen (siehe Abb. 1) entstehen in einem iterativen Prozess praktische Lösungen (z. B. nacheinander mehrere Prototypen von Videos für eine Workshopreihe), empirische Einsichten (z. B. zu Nutzung und Nutzen der Videos im Rahmen der Workshopreihe) und lokale Theorien (z. B. Design-Prinzipien für die Gestaltung von Videos). Die praktischen und wissenschaftlichen (Zwischen-)Ergebnisse stehen in einer besonderen Beziehung zueinander: Sie bedingen sich, interagieren, inspirieren sich gegenseitig.
Seit der Veröffentlichung des Buches zum Forschenden Entwerfen konnten wir mit vielen Leser:innen über ihre Eindrücke und die Anwendung des Modells auf ihre eigenen Projekte sprechen, unter anderem in einem Workshop und einem eigens zum Buch ins Leben gerufenen Online-Lektürekurs. Nun steht die Veröffentlichung einer englischen Version des Buches an.
Wir freuen uns über weitere Personen, die an den hier angesprochenen Themen interessiert sind. Bei Bedarf bieten wir am HUL dazu Beratung und Kooperationen!
Abb. 1: Visualisierung des Modells zum Forschenden Entwerfen (Reinmann et al., 2024, S. 36)
Gabi Reinmann und Alexa Brase