Lehren und Lernen
„To Chat or Not to Chat“: Wissenschaftliches Schreiben und ChatGPT
17. Juli 2023, von Dr. Eileen Lübcke

Foto: Generiert von Dall-E, Prompt: “an oil painting of a medieval prince sitting in front of a computer asking himself "To chat or not to chat"
Ihr arbeitet als Schreibzentrum sowohl direkt mit Studierenden wie auch mit Lehrenden, die das Schreiben in ihrer Lehre verbessern wollen. Wie weit ist das Thema schon bei euch in der Schreibberatung für Studierende vorgedrungen? Kommen die Studierenden mit Fragen zu ChatGPT zu euch?
In der Schreibberatung gab es bisher tatsächlich keine Anfragen. Es ist eher so, dass wir aus dem Schreibzentrum das Thema KI ansprechen – z. B. in der Schreibberatung oder im Workshop zur Überarbeitung von Argumentationen. Dort war ein Teil des Arbeitsmaterials von ChatGPT generiert. Die Studierenden haben übrigens sofort erkannt, was überarbeitet werden musste.
Ihr habt im März einen Workshop zur Entwicklung von kompetenzorientierten Schreibaufgaben hier in der UHH gegeben, wo es auch um die Frage ging, ob man mit oder ohne ChatGPT diese Aufgaben stellt. Könnt Ihr kurz eure Eindrücke schildern?
Unser Schreibdidaktikworkshop stieß auf großes Interesse. Fast alle Teilnehmenden hatten Lust, ChatGPT in ihrer Lehre auszuprobieren. Im Workshop entstanden viele gute schreibdidaktische Ideen. Alle waren gespannt auf die ersten Praxiserfahrungen im kommenden Semester.
Obwohl der schreibdidaktische Umgang mit KI im Vordergrund der Veranstaltung stand, wurde deutlich, dass es einen großen Informationsbedarf gab: zur Anwendung, zu den technischen Funktionsweisen, zu Datenschutz und Urheberrecht von Schreib-KI.
Können sich auch Lehrpersonen oder Studierende bei euch melden, wenn sie Fragen haben oder den KI-gestützten Schreibprozess erproben möchten?
Sowohl Studierende als auch Lehrende können sich mit Anliegen zum Schreiben mit KI gerne bei uns im Schreibzentrum melden.
Für Lehrende ist unser Angebot der Lehrkooperationen ideal, um für spezifische Fachkontexte auszuloten, was beim wissenschaftlichen Schreiben mit KI wichtig ist. In einer Kooperation planen wir mit den Lehrenden ein didaktisches Vorgehen. Zum Beispiel kann man im Seminar fachwissenschaftliche Konventionen erarbeiten und dann mit den Studierenden Texte mit KI generieren, analysieren und in Hinblick auf fachwissenschaftliche Ansprüche überarbeiten.
Studierende können ihre Fragen unkompliziert in unseren Beratungsangeboten stellen. Fragen aus der Beratung nehmen wir auch gerne in unser Workshopprogramm auf. Im Wintersemester gibt es eine Schreibwerkstatt zum Entwickeln einer eigenen wissenschaftlichen Schreibstimme. Wir möchten Studierende unterstützen, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, was im jeweiligen fachwissenschaftlichen Kontext und im eigenen Selbstverständnis als Schreibende:r wichtig ist. Wenn ich mir darüber klar bin, kann ich auch reflektiert entscheiden, ob und für welche Arbeitsschritte ich eine KI einsetzen möchte.
Das ist auch unsere Haltung im Schreibzentrum. Als Schreibdidaktiker:innen beschäftigen wir uns damit, wie wir KI als Werkzeug einsetzen und welche Konsequenzen das für wissenschaftliche Schreibprozesse hat. Wir sehen uns als Teil des Prozesses, in dem sich alle beteiligten Akteure an Hochschulen vor den neuen technologischen Hintergründen über wissenschaftliche Praktiken und Werte neu verständigen müssen.
Dann sind spannende Ansätze, über die ihr berichtet. Schön, dass ihr als Schreibzentrum offiziell zu uns ans HUL kommt Dann können wir uns noch mehr zu diesem und anderen Themen austauschen. Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Eileen Lübcke.