Lehren und Lernen
Prompt-a-thon mit Generativer KI: Neuer Assistent, kreativer Ideengeber – und einfaches Täuschungswerkzeug?
17. Juli 2023, von David Ziegenhagen
Foto: Generiert mit Dall-E, Prompt: “a group of people running a marathon while typing into laptops in digital art”
Herr von Brackel-Schmidt, das Thema KI und besonders ChatGPT sind seit einiger Zeit in aller Munde, auch und gerade im Bildungsbereich. Sie haben dazu im Februar dieses Jahres an der MIN-Fakultät einen „Prompt-a-thon“ veranstaltet. Was genau ist ein Prompt-a-thon und wie kamen Sie auf diese Idee?
Zustande kam die Idee beim Austausch mit dem Kollegen Herr Kučević und Prof. Dr. Böhmann, als wir über die Potenziale generativer KI sprachen, etwa innerhalb zweier Lehrmodule. In diesen arbeiten Studierende über zwei Semester an der Lösung von Challenges, welche durch unsere Partnerunternehmen vorgeschlagen werden. Mit Hilfe diverser Innovations- und Entwicklungsmethodiken gelangen sie dabei zu tollen, innovativen Ergebnissen. Gerade im Feld von Innovation, also Ideen- und Lösungsfindung, sahen wir Potentiale und so folgte die Entscheidung, in diesem Rahmen die Nutzbarkeit generativer KI einfach mal auszuprobieren.
Als Setting hierfür bot sich zwecks des Challengeumfeldes an einen Hack-a-thon angelehntes Format an. Dieses wandelten wir ab zum dann durchgeführten Prompt-a-thon-Format, welches wir als eine für alle offen stehende Veranstaltung durchführten, bei der Menschen kollaborativ über eine feste Zeit zusammenarbeiten, um eine Lösung für eine Idee oder Challenge zu kreieren. Generative KI wird während des gesamten Entwicklungsprozesses aktiv und bewusst eingebunden und herangezogen.
Welche Erkenntnisse haben Sie aus dem Event mitgenommen, und welche Reaktionen der Teilnehmenden gab es im Anschluss an die Veranstaltung?
Vielerlei, ich versuche einen kleinen Einblick zu geben. Zunächst zeigte sich, dass das Format super geeignet zu sein scheint, um Menschen leichtgewichtig und ohne große Vorbehalte mit dieser modernen Technologie vertraut zu machen – und das ‚trotz‘ einer doch heterogenen Zusammensetzung von Teilnehmenden. Gleichzeitig konnte eine Vielzahl der Challenges gut unter Zuhilfenahme der generativen KI gelöst werden, rückgemeldet wurde uns vor allem der Nutzen bei der Ideengenerierung. Natürlich gab es auch Dinge, die (noch) nicht gut klappten, etwa führten Forschungsaufgaben wie Literaturrecherchen leider zu erfundenen Aussagen. Die Reaktionen im Anschluss waren sehr vielversprechend, mit oftmals sehr positiven Rückmeldungen und dem Wunsch nach mehr – wofür wir übrigens immer gern bereitstehen.
Als hochschuldidaktische Einrichtung beschäftigen wir uns bezüglich der KI natürlich besonders mit dem Thema Lehre und Lehren. Was glauben Sie, wie werden Tools wie ChatGPT die Lehre zukünftig verändern? Wo liegen Chancen, wo möglicherweise auch Risiken, wenn Studierende etwa schriftliche Prüfungsleistungen mit Hilfe von KI-Tools anfertigen?
Ich denke, dass zunächst die Fähigkeiten als Assistent herausragen werden. Das Zurückgreifen auf die KI beim Erarbeiten von Lösungen oder während des Lernens kann meiner persönlichen Meinung nach einen echten Mehrwert bieten, sofern die Domäne gut dokumentiert, die Rückgaben kritisch betrachtet beziehungsweise mit ausreichend Vorwissen konsumiert werden. Natürlich müssen sich einige Lehr- und Prüfungsformen anpassen, einerseits bezüglich der Art der Stoffvermittlung und -abfrage, andererseits aber auch inhaltlich, da generative KI und der Umgang hiermit auch im späteren Beruf mit ziemlicher Sicherheit vorkommen wird. Umso relevanter ist es also, den richtigen, kritischen Umgang zu erlernen und die positiven Möglichkeiten nutzen zu können. Ich sehe zwar das Risiko der Zuhilfenahme bei Prüfungsleistungen. Täuschungsversuche gibt es allerdings schon sehr viel länger und wird es – unabhängig von der eingesetzten Technologie – vermutlich immer geben. Das größte Risiko sehe ich daher derzeit in der fehlenden Regulierung und Rechenschaftspflicht.
Herr von Brackel-Schmidt, haben Sie vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte David Ziegenhagen.