Lehren und Lernen
KI oder nicht KI – Wer hat die Wahl?
12. Februar 2025

Foto: Bing Image Creator (DALL-E 3 Prompt: „Studieren mit KI“
Die breite Verfügbarkeit generativer Künstlicher Intelligenz (gKI) zählt zu den technologischen Entwicklungen, zu denen sich Lehrende verhalten müssen: Thematisieren sie gKI in ihren Lehrveranstaltungen? Erlauben sie den Einsatz in Prüfungen? Reflektieren sie gemeinsam mit den Studierenden die Chancen und Risiken für das Studium? Die Entscheidungen der Lehrenden haben dabei großen Einfluss auf die Wahlmöglichkeiten der Studierenden, wie sich in einem Projektseminar zu gKI beispielhaft zeigt.
„Studieren mit KI – Studieren trotz KI?!“ – so lautete der Titel eines geisteswissenschaftlichen Projektseminars, das ich im Wintersemester als fachspezifische Vertiefung unserer Studierendenworkshops zu generativer Künstlicher Intelligenz (gKI) durchführte. Gemeinsam beschäftigen wir uns darin mit der Frage, inwiefern gKI-Modelle wie zum Beispiel UHHGPT das geisteswissenschaftliche Studium unterstützen und bereichern können, welche Herausforderungen und Risiken damit aber auch einhergehen.
Studierende befinden sich beim Thema gKI in einem besonderen Spannungsfeld zwischen Autonomie und Anleitung. Sie sind mit den Entscheidungen der Universität und ihrer Lehrenden konfrontiert, ob und wofür sie gKI in ihrem Studium einsetzen dürfen, wie viel Freiraum ihnen dabei gewährt wird und wie viel Unterstützung sie erhalten. Während der Orientierungsrahmen der UHH explizit dazu anregt, gKI inhaltlich und methodisch in die Lehre zu integrieren, zeigt unsere Umfrage vom Sommer 2024, dass das Thema in Lehrveranstaltungen wenig aufgegriffen und reflektiert wird. Dies führt dazu, dass die Wahl, wofür und in welchem Umfang gKI eingesetzt wird, den Studierenden meist selbst überlassen bleibt – gerade für Studienanfänger:innen eine oft überfordernde Aufgabe. Denn um entscheiden zu können, wo mich gKI unterstützen, wo sie aber womöglich auch die Entwicklung meiner fachlichen Kompetenzen behindern kann, brauche ich ein tieferes Verständnis des Ziels der Studienaufgaben und der damit geförderten Fähigkeiten.
In unserem Projektseminar haben wir uns daher zu Beginn zunächst mit den spezifisch geisteswissenschaftlichen Tätigkeiten im Studium beschäftigt, um so zu einem Verständnis des eigenen (angestrebten) Kompetenzprofils zu gelangen. Vor diesem Hintergrund befassten wir uns dann mit der Funktionsweise, den Stärken und Limitationen von gKI und testeten zahlreiche gKI-Tools zum Beispiel für Recherche-, Lese-, Schreib- oder Korrekturaufgaben. Die Ergebnisse sind zum Teil vielversprechend: So eignet sich gKI durchaus als Unterstützung bei Brainstorming, Recherche oder Textüberarbeitung. In vielen Fällen waren die Studierenden aber auch ernüchtert, wie oberflächlich und begrenzt die Leistungen gerade von Sprach-gKI sind und wie wenig fachliche Korrektheit, Tiefe und Originalität in den Ergebnissen steckt.
Diese Ernüchterung über die Fähigkeiten von gKI – als Abkürzung zur Erreichung von Studienzielen ist sie kaum geeignet – war andererseits aber auch eine Bestärkung: Ersetzen lassen sich geisteswissenschaftliche Tätigkeiten so schnell nicht durch die gKI. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Bewusstsein auch in Fachseminaren immer wieder gestärkt würde: Was sind unsere fachwissenschaftlichen Kompetenzen? Auf welchen Wegen erreichen wir sie? Was wollen wir können und was wollen wir uns daher auf gar keinen Fall abnehmen lassen? Die Herausforderungen durch gKI sind ein guter Anlass, um darüber nachzudenken. Eine Studentin des Seminars drückte es so aus: „Bevor ich jetzt UHHGPT starte, frage ich mich immer erst einmal, was mein eigener Anspruch ist und ob ich diese Aufgabe nicht alleine machen möchte.“ Die Studierenden haben die Wahl – wir sollten sie dabei unterstützen, sie auch als solche zu erkennen.
Von Nadia Blüthmann